Schreiben ohne Schranken — Alexander Richter

Unser Sohn Alexan­der hat ein großar­tiges Pro­jekt begonnen: Schreiben ohne Schranken. Ihr find­et dies unter der gle­ich­nah­mi­gen Domain schreiben-ohne-schranken.de.
Alex ist 18 Jahre alt, macht kom­mendes Jahr sein Abitur, und möchte Jurist wer­den. Alex ist mit ein­er Hemi­parese, ein­er Halb­seit­en­läh­mung geboren, und seine Kind­heit und Jugend ist etwas anders ver­laufen, als nor­mal. Alex schreibt in seinem Blog über seine Erfahrun­gen als Men­sch mit Hand­i­cap, wobei Alex lieber Behin­derung sagt, weil er dafür kämpfen will, dass dieser Begriff sein neg­a­tives Image ver­liert.
Alex musste lei­der immer wieder erfahren, dass Anspruch und Wirk­lichkeit in unser­er Gesellschaft im Umgang mit Men­schen mit Hand­i­cap lei­der weit auseinan­derge­hen. Wir reden gerecht, aber wir han­deln nicht so, und das in fast allen Bere­ichen. Alexan­ders Artikel sind hier ein­fach augenöff­nend, und Alex gibt auch regelmäßig Lösungsvorschläge, auf die son­st noch nie­mand gekom­men zu sein scheint.
Neben diesem The­ma stellt Alex seine bish­eri­gen Buch­pro­jek­te vor, die sich um die von ihm selb­st erdacht­en Fig­uren um seinen Helden Ole Baum­fluss aus Neustadt an der Lier­au drehen, und für die Alex aktuell nach einem Ver­lag und Lit­er­at­ura­gen­ten sucht.

Buch und Blog Schreiben ohne Schranken Handicap Behinderung

Auszug aus dem Artikel “Aktive und Passive Ausgrenzung”

Mit freundlicher Genehmigung von Alexander Richter — schreiben-ohne-schranken.de

Hi! Ich hab mal eine Frage an euch: Wer von euch hat schon mal etwas von „Ableis­mus“ gehört? Ich ver­mute nicht viele.

Was bedeutet Ableismus?

Hier meine Def­i­n­i­tion: Ableis­mus, kurz gesagt, ist die Aus­gren­zung und Ablehnung von Men­schen mit Behin­derun­gen. Ein Ableist ist jemand, der Men­schen mit Behin­derun­gen feindlich gegenüber­ste­ht. Wenn ihr so wollt, ist es qua­si ein Äquiv­a­lent von Ras­sis­mus, aber eben bezo­gen auf behin­derte Men­schen.
Weshalb schreibe ich jet­zt darüber? Nun, es ist zwar in gewiss­er Weise trau­rig, aber Worte wie Ras­sis­mus oder Sex­is­mus sind wohl jedem bekan­nt. Ich möchte hier­bei beto­nen, dass ich es scheußlich finde, dass es so viele Fälle von Ras­sis­mus oder Sex­is­mus in unser­er Gesellschaft immer noch gibt, obwohl es mit­tler­weile wohl bekan­nt ist, dass wed­er ein Geschlecht bess­er als ein anderes ist, noch eine Haut­farbe bess­er als eine andere. Dies sind Fak­ten.

Warum ist Ableismus unbekannt?

AbleismusDeswe­gen möchte ich den Ver­gle­ich zwis­chen Ableis­mus und den anderen ‑ismen jet­zt gerne been­den. Aber die Frage liegt für mich jet­zt auf der Hand: Warum ken­nt nie­mand den Ableis­mus? Wieso nur ich? Einige mögen sich jet­zt sagen, dass sie den Begriff ja auch schon kan­nten, aber ich denke, ihr stimmt mit mir darüber ein, dass zumin­d­est sehr wenige davon schon gehört haben, auch in eurem Umfeld.
Warum also? Gibt es ein­fach kaum Aus­gren­zung von Men­schen mit Behin­derung? Ist es Leuten egal, wenn Men­schen mit Behin­derung aus­ge­gren­zt wer­den? Oder wurde bzw. wird ein­fach nicht genug darauf aufmerk­sam gemacht?
Ich denke, es ist Let­zteres. Zu sagen, Men­schen wür­den sich nicht darum küm­mern, wäre ein­fach falsch, denke ich. Viele Men­schen küm­mern sich sehr wohl ger­ade um Schwächere, wie eben zumin­d­est ich mich mit mein­er Behin­derung schon sehen würde. Auf ein­er kör­per­lichen Ebene zumin­d­est bin ich nun mal schwäch­er als Leute ohne Hemi­parese oder Ver­gle­ich­bares. Sich selb­st auf ein­er geisti­gen Ebene einzuord­nen möchte ich mir nicht anmaßen.
Das Zuer­st­ge­nan­nte, dass es eben diese Art der Aus­gren­zung nicht oft gäbe, finde ich schwierig. Aus mein­er per­sön­lichen Erfahrung her­aus habe ich gel­ernt, für mich zwis­chen zwei Arten von Diskri­m­inierung zu unter­schei­den: der Aktiv­en und der Pas­siv­en.

Definition von aktiver und passiver Ausgrenzung

Was ist, zumin­d­est nach mein­er Empfind­ung, aktive und pas­sive Diskri­m­inierung? Aktive Diskri­m­inierung ist die Art, an die die meis­ten wohl denken, wenn sie an Aus­gren­zung denken. Das ist, wenn irgen­dein Arschloch dich anspricht und dich belei­digt, mobbt, oder was auch immer für schlimme Dinge mit dir eben aus ein­er ras­sis­tis­chen, sex­is­tis­chen oder ähn­lich bescheuerten und dum­men Moti­va­tion tut. Diese schlim­men Erfahrun­gen „kat­e­gorisiere“ – und ich has­se dieses Wort an dieser Stelle – ich als aktive Diskri­m­inierung.
Pas­sive Diskri­m­inierung ist eine, die glaube ich vor allem Men­schen mit Behin­derung erfahren. Ein­fach­es Beispiel: Du sitzt im Roll­stuhl und willst eben einen Zug erre­ichen. In der Bahn­ho­fun­ter­führung stellst du dann fest, dass es keinen Aufzug gibt, der dich an das Gleis bringt, an dem dein Zug fährt. Du ver­passt den Zug und kannst vielle­icht einen wichti­gen Ter­min nicht wahrnehmen. Diese Form der Aus­gren­zung geschieht oft nicht aus bösar­tiger Absicht. Irgendw­er in zen­traler Posi­tion hat nur ein­fach mal wieder geschlafen und nicht nachgedacht.
Ein anderes Beispiel wäre: Bei dir in der Klasse gibt es einen Schüler mit Hemi­parese, dem handw­erk­liche Tätigkeit­en schw­er­fall­en. Dein Klassen­lehrer meint jet­zt, es wäre grandiose Idee für einen Klassen­tag, Blu­menkästen zu bauen. Mal abge­se­hen davon, dass die Idee wohl nie­man­dem außer ein paar anstreben­den Gärtner*innen und Architekt*innen in dein­er Klasse gefällt, ist das auch eine Form der Aus­gren­zung. Nicht bösar­tig, der Lehrer will ein­fach etwas machen, was ihm gefällt und die Klasse ist ihm schnurzpiepe­gal. Er hat ja eh die Autorität.

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