Mittagsstunde von Dörte Hansen

Nach Brinke­büll ent­führt uns Dörte Hansen, in ein kleines Dorf in Nord­fries­land. Dort ste­ht seit etwa siebzig Jahren Sönke Fed­der­sen hin­ter der Theke des Dor­fkrugs, dem Dreh- und Angelpunkt des gesellschaftlichen Lebens. Eigentlich über­steigt die Auf­gabe schon längst seine Kräfte. Seine fleißige, ver­schwiegene Frau Ella wird zunehmend dement und die Gäste bleiben allmäh­lich aus. Aber ein­mal will Sönke noch richtig feiern, ein­mal ganz im Mit­telpunkt der­er ste­hen, die er ewig bedi­enen musste und bei sein­er Dia­man­te­nen Hochzeit ganz groß auf­fahren. Täglich studiert er die Zeitung voller Angst, dass
ihm jemand mit so einem beson­deren Ehe­ju­biläum zuvorkom­men kön­nte oder dass wieder ein Nach­bar von sein­er Gästeliste auf der let­zten Seite unter den Ver­stor­be­nen ste­ht. Der Count­down läuft, spürt man: für die Feier — aber auch für Brinke­büll im Ganzen. So vieles hat sich in den zurück­liegen­den Jahren verän­dert, dass das Dorf kaum wiederzuerken­nen ist. Die kleinen Bauern stellen rei­hen­weise ihre Betriebe ein, während auf den großen Höfen riesige Trak­toren und Mäh­dresch­er Einzug hal­ten. Die Schule und der Laden sind längst geschlossen, die Müh­le wird von eigen­tüm­lichen Städtern bewohnt und die ersten Leute hal­ten nicht ein­mal mehr die beina­he heilige Mit­tagsstunde ein.
Dörte Hansen hat ihre Heimat exzel­lent beobachtet und beschreibt sie tre­f­fend, liebevoll, aber ohne sen­ti­men­tal­en Kitsch. Sie find­et einen fes­sel­nden, sehr unter­halt­samen Weg über diese Fam­i­liengeschichte die uri­gen Dör­fler mit ihren Eigen­heit­en und gle­ichzeit­ig die Entwick­lung des Landlebens darzustellen.
Her­rlich zu lesen, zum Schmun­zeln, Erin­nern, Wieder­erken­nen, Nach­denken und auf die Zukun­ft Auss­chauen.

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